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   64th IFLA General Conference
   August 16 - August 21, 1998

 


Code Number: 042-113-G
Division Number: III.
Professional Group: Libraries for Children and Young Adults
Joint Meeting with: -
Meeting Number: 113.
Simultaneous Interpretation:   Yes

Das Recht des Kindes auf Information und seine praktischen Auswirkungen auf Kinderbibliotheken

Marian Koren
NBLC, Verband der Öffentlichen Bibliotheken der Niederlande
The Hague, Netherlands


Paper

1. Die Rechte des Kindes

Es hat lange gedauert bis die Menschheit akzeptiert hat, daß die Menschenrechte ausnahmslos für alle Menschen gelten. Dies bedeutet eine allgemeine Übereinkunft, daß

die Grundlage, die uns alle als Bürger einer Gemeinschaft vereint, nichts anderes sein kann als Respekt für den Menschen als solchen. Ohne diese Grundlage sind eine Gesellschaft oder eine tatsächliche menschliche Gemeinschaft ausgeschlossen. (1) Die Erklärung der Vereinten Nationen, deren 50. Jubiläum wir in diesem Jahr begehen, betont als letztendliche Grundlage jeden Gesetzes und jeder Gerechtigkeit die menschliche Würde und die unveräußerlichen Rechte, die jedes menschliche Wesen von Natur aus besitzt.

2. Das Recht auf Information

Die Beobachtung des Entwicklungsprozesses eines Kindes zeigt, daß Information eine unverzichtbare Rolle spielt. Im wesentlichen ist das Kind ein Informationssuchender. Information beeinflußt die körperliche, emotionale, kognitive und soziale Entwicklung des Kindes, und diese Tatsache ist von weitreichender Bedeutung für diejenigen, die das Kind mit Informationen versorgen. Es ist wichtig, daß alle Kinder Zugang zu Informationen haben und unabhängig davon, an welchem Ort und zu welcher Zeit sie leben, von den Informationsprozessen profitieren. Stehen Kinder unter rechtlichem Schutz während sie aufwachsen, Informationen suchen und sich als Menschen entwickeln? Da diese Frage alle Kinder betrifft, ist eine internationale Herangehensweise zweckmäßig. (7)

Bei der Suche nach einem Recht auf Information in der Konvention über die Rechte des Kindes findet man explizite Formulierungen in dem Recht des Kindes auf die Freiheit, sich zu äußern (Artikel 13) und in seinem Recht auf Zugang zu Information (Artikel 17). Letzteres bezieht sich auf die Rolle der Massenmedien bei dem Bereitstellen von Information und von Materialien aus einer Vielzahl von Quellen. Implizite Formulierungen des Rechtes auf Information bieten ein breiteres Spektrum. Sie beziehen sich auf die Rolle der Information in dem Prozeß des Aufziehens durch die Eltern, die Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes, außerdem seine Freiheit, in allen Angelegenheiten, die sein Leben betreffen, seine Ansichten zu äußern, die Freiheit des Denkens, des Gewissens und der Religion und den Respekt für sein Privatleben. Andere implizite Formulierungen beziehen sich auf das Recht des Kindes auf Information, insofern es seine soziale Beteiligung unterstützt, wie seine Freiheit des Umgangs, die Möglichkeiten des Kindes, sich am kulturellen Leben zu beteiligen, seinen Zugang zu Bildung und sein Recht, von seinen Rechten zu wissen.

Ein näherer Blick auf das Recht auf Information in seiner deutlichsten Formulierung ist interessant für Bibliothekare, weil die Artikel die Herangehensweise derjenigen enthüllen, die die Konvention entworfen haben. Nicht nur Staaten, sondern insbesondere Nichtsregierungsorganisationen (NGOs) haben zu der letztendlichen Version vieles beigetragen. Die tatsächliche Formulierung des Artikels 17 (8) wurde hauptsächlich von der Bahá'i-Gemeinschaft vorgeschlagen, einer NGO, die die internationale Verständigung und ein Weltbürgertum fördert, die Bedeutung der Erziehung betont und die Arbeit der Vereinten Nationen unterstützt. (9) In einem Kommentar wurde die positive Aufgabe der Massenmedien betont, geeignete Information zu vermitteln, Bildungsprogramme zu unterstützen, sich für das kulturelle Erbe des Kindes einzusetzen und das Kind über die weitere Welt zu informieren, der es angehört. Da die Bereitstellung von Information mit einem Bildungsziel zusammenhängt, hat Bahá'i auch einen anderen Vorschlag (Artikel 29) vorgebracht. Bahá'i betrachtet Bildung als das wichtigste Instrument zur Verbesserung der menschlichen Verhältnisse, zur Sicherung der Menschenrechte und zur Etablierung von Frieden und Gerechtigkeit auf der Welt. Aber solche Bildung kann nicht einfach nur aus akademischer Ausbildung oder Buchwissen bestehen. Die Art der Bildung, die erforderlich ist, ist eine des Charakters. Es reicht nicht aus, dem Kind beispielsweise einfach zu sagen, daß es die Pflicht hat, Menschenrechte zu respektieren. Erforderlich sind vielmehr Anleitung und Schulung, die in dem Kind Qualitäten entwickeln werden, die unabdingbar sind, wenn es ein Förderer und Beschützer der Menschenrechte werden soll.

Auf diese Weise ist klar, daß Zugang zu Information insbesondere verschafft werden muß im Hinblick auf das Bildungspotential und das Verständnis für menschliche Werte, die mit den Menschenrechten geschützt werden.

3 Die Umsetzung in Öffentlichen Bibliotheken

Die Konvention über die Rechte des Kindes ist ein besonderer Vertrag, da sie nicht nur Verpflichtungen für Staaten formuliert, sondern auch von der primären Verantwortung der Eltern für das Aufziehen und die Entwicklung des Kindes spricht. Aber auch andere Individuen und Institutionen haben Verpflichtungen, wenn man an das Recht des Kindes denkt, in Verwaltungs- und Rechtsverfahren gehört zu werden, oder an das Recht des Kindes auf Bildung.

Im allgemeinen haben alle Menschen die Pflicht, einander und die gegenseitigen Rechte zu respektieren. Während zum Beispiel das Kind ein Recht hat, seine Ansichten in allen Angelegenheiten zu äußern, die es betreffen, gibt es eine klare Verpflichtung für alle, die Entscheidungen fällen, Politik formulieren oder die Umgebung des Kindes gestalten, sowohl in den Schulen als auch auf der Straße oder sonstwo, die Beteiligung von Kindern zu organisieren. Es gibt keinen Grund, Bibliotheken und Bibliothekare von diesen Verpflichtungen durch die Menschenrechte auszunehmen. Im Gegenteil gibt es für Bibliotheken reichlich Grund, sich als Bibliotheken für die Rechte von Kindern einzusetzen, da sie sich bereits auf das UNESCO-Manifest, die IFLA-Richtlinien und durch ihre Staaten auf den allgemeinen internationalen Konsens im Hinblick auf die Menschenrechte verpflichtet haben: die allgemeine Erklärung und die UN-Konvention über die Rechte des Kindes.

Da alle Staaten (und sogar die USA haben die Konvention wenigstens unterzeichnet) an der Konvention beteiligt sind und ihre Verpflichtungen akzeptiert haben, haben sie sich dazu bekannt, die verschiedenen Artikel und Bestimmungen der Konvention umzusetzen. Die Rolle und die Aktivitäten öffentlicher Bibliotheken können als Teil dieser Umsetzung der Konvention betrachtet werden. Deshalb kann keine öffentliche Bibliothek geltend machen, daß sie mit der Konvention oder mit den Rechten von Kindern nichts zu tun habe. Tatsächlich kann niemand davon absehen, sich für die Menschenrechte von Kindern einzusetzen.

Die Staaten, die an der Konvention über die Rechte des Kindes beteiligt sind, sind verpflichtet, ihre Artikel und Prinzipien umzusetzen. Welche Verpflichtungen sind gemeint, wenn von der Umsetzung in der öffentlichen Bibliothek als einer öffentlichen Einrichtung die Rede ist?

Allgemeine Verpflichtungen

Zu den allgemeinen Verpflichtungen, die in der Konvention formuliert werden, gehören die folgenden, denen auch in der öffentlichen Bibliothek nachzukommen ist:

Von diesen allgemeinen Verpflichtungen abgesehen gibt es speziellere, die auch in Bibliotheken anwendbar sind.

Spezifische Verpflichtungen

Zu diesen spezifischen Verpflichtungen gehört beispielsweise Artikel 17:

Dem Recht auf Information liegt der Gedanke zugrunde, daß Information im weitesten Sinne dem Aufziehen und der Bildung des Kindes dient und auf hohe menschliche Werte zielt. Bibliotheken spielen dabei eine besondere Rolle, da sie einen Überblick über die Vielfalt der Quellen von Information haben.

Eine weitere Regelung, die sich auf Bibliotheksdienstleistungen bezieht, wird in Artikel 31 erwähnt:

4 Praktische Empfehlungen

Welche Maßnahmen können Bibliotheken ergreifen, um die oben beschriebenen Menschenrechte von Kindern umzusetzen? Was können sie von sich aus tun, was in nationaler und internationaler Kooperation?

Hier sind nur einige praktische Empfehlungen, die im Verlauf der IFLA-Konferenz und in nationalen Versammlungen weiter ausgeführt werden können.

Auf nationaler und internationaler Ebene:

Auf der örtlichen Ebene erfordert die Umsetzung des Rechtes auf Information z.B.:

Auch andere Schlußfolgerungen können aus dieser Einführung des Rechtes auf Information in der Konvention über die Rechte des Kindes gezogen werden. Wie bereits erwähnt hängt viel von der Umsetzung des Rechtes des Kindes auf Information von denen ab, die beruflich damit befaßt sind. Diese Berufsgruppen müssen Selbstdisziplin üben und sicherstellen, daß sie qualitativ hochwertige Arbeit leisten. Sie sollten ihren eigenen ethischen Kodex formulieren und überprüfen, ob sie den hohen Ansprüchen ihres Berufes und menschlichen Werten wie Ehrlichkeit, Würde und Respekt genügen. Die Förderung der Rechte von Kindern und der Respekt für sie hängen von diesen Fachleuten und ihrem Bewußtsein für Rechte ab.

Rechte müssen auf Situationen des Alltagslebens übertragen werden. Deshalb ist die Mithilfe von Menschen erforderlich, die einen Sinn für menschliche Werte haben und die diese Sensibilität und ihren Respekt professionell in anspruchsvolle Geschichten übertragen können. Das sind die Geschichten, von denen ein Kind profitiert, da sie ihm bei der Suche nach einer Antwort auf seine Fragen, die es an das Leben hat, ehrlich helfen. Für die Fachleute besteht die erste Priorität darin sicherzustellen, daß kein Kind, wo immer es lebt und welche Umstände es auch antreffen mag, von wesentlichen Geschichten ausgeschlossen wird. Alle übrigen Motive von Fachleuten sollten genau geprüft und ihrer eigennützigen Elemente entkleidet werden. Lassen Sie uns an dem Recht des Kindes auf Information arbeiten.

Lassen Sie uns die Rechte von Kindern in Bibliotheken respektieren und feiern!

Notes

  1. Scheltens, D., Mens en mensenrechten, Samsom, Alphen aan den Rijn, 1981, p. 15.

  2. Boven, Th. van, Children's Rights. Address at the opening meeting of the International Forum on the Rights of the Child, Budapest, Hungary, 1 June 1979, in: Thoolen, H. (ed.), People matter. Views on International Human Rights Policy by Theo van Boven, Director of the United Nations Division of Human Rights 1977-1982, p. 157.

  3. Freeman, M., The Rights and Wrongs of Children, Frances Pinter, Lon-don, 1983, p. 7.

  4. Verhellen, E., Convention on the Rights of the Child. Background, motivation, strategies, main themes, Garant, Leuven/Apeldoorn, 1994, p. 18.

  5. Langen, M. de, Children's rights, in: Verhellen, E., F. Spiesschaert (eds.), Ombudswork for children, Acco, Leuven/Amersfoort, 1989, p. 487.

  6. UN Doc. GA Res 44/25, 1989.

  7. See for a thorough study on which also this paper is based: Koren, M., Tell me! The Right of the Child to Information, NBLC, The Hague, 1996.

  8. Goodman, D., Analysis of the First Session of the Committee on the Rights of the Child, in: Netherlands Quarterly of Human Rights, Vol. 10, 1992, 1, p. 50.

  9. Bookbird, Vol. 28, 1, 1990. and Letter dated 18 November 1985 submitted to the Centre for Human Rights, UN Doc. E/CN.4/1987/WG.1/WP.2, p. 6.

  10. UN Doc. E/CN.4/1987/25, p. 7.

Anhang

Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes von 1989

Artikel 12

  1. Die beteiligten Staaten sichern dem Kind, das in der Lage ist, seine oder ihre eigenen Ansichten zu entwickeln, das Recht zu, diese Ansichten in allen Angelegenheiten, die das Kind betreffen, frei zum Ausdruck zu bringen, wobei den Ansichten des Kindes das Gewicht zuerkannt werden soll, das dem Alter und der Reife des Kindes entspricht.

  2. Zu diesem Zweck soll das Kind insbesondere die Möglichkeit erhalten, in jedem Rechts- und Verwaltungsverfahren gehört zu werden, das das Kind betrifft, und zwar entweder direkt oder durch einen Bevollmächtigten oder eine geeignete Körperschaft und auf eine Weise, die den Verfahrensregeln des nationalen Rechts entspricht.

Artikel 13

  1. Das Kind soll das Recht auf freie Meinungsäußerung haben; dieses Recht soll die Freiheit beinhalten, Information und Ideen aller Art zu suchen, zu erhalten und weiterzugeben, und zwar ungeachtet von Grenzen und entweder mündlich oder schriftlich oder in gedruckter Form, in Form von Kunst oder durch jedes andere Medium, das das Kind auswählt.

  2. Die Beanspruchung dieses Rechtes kann gewissen Restriktionen unterliegen, die jedoch nur insoweit verhängt werden dürfen, als das Gesetz sie vorsieht und die Notwendigkeit sie verlangt:
    1. Aus Respekt für die Rechte oder das Ansehen anderer oder
    2. Zum Schutz der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Gesundheit oder Moral.

Artikel 17
Die beteiligten Staaten erkennen die wichtige Funktion der Massenmedien an und werden sicherstellen, daß das Kind Zugang zu Information und Materialien aus einer Vielzahl von nationalen oder internationalen Quellen hat, insbesondere diejenigen, die auf die Förderung seines oder ihres sozialen, geistigen und moralischen Wohlbefindens und seiner körperlichen und geistigen Gesundheit abzielen. Zu diesem Zweck werden die beteiligten Staaten:

  1. Die Massenmedien ermutigen, Information und Material von sozialem und kulturellem Nutzen des Kindes in Übereinstimmung mit dem Geist des Artikels 29 zu verbreiten;
  2. Internationale Zusammenarbeit in der Herstellung, im Austausch und in der Verbreitung solcher Information und von Materialien aus einer Vielzahl von kulturellen nationalen und internationalen Quellen unterstützen;
  3. Die Herstellung und Verbreitung von Kinderbüchern fördern;
  4. Die Massenmedien ermutigen, die linguistischen Bedürfnisse von solchen Kindern besonders zu berücksichtigen, die einer Minderheit oder einem eingeborenen Volksstamm angehören;
  5. Die Entwicklung von Richtlinien zum Schutz des Kindes vor solcher Information und Materialien unterstützen, die seinem oder ihrem Wohl schaden, wobei die Bestimmungen der Artikel 13 und 18 Anwendung finden sollen.

Artikel 29
1. Die beteiligten Staaten stimmen darin überein, daß die Erziehung des Kindes folgende Ziele verfolgen soll:

  1. Die bestmögliche Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes, seiner Talente und der geistigen und körperlichen Fähigkeiten ;
  2. Die Entwicklung von Respekt für die Menschenrechte und fundamentale Freiheiten sowie für die Prinzipien, die in der Charta der Vereinten Nationen festgehalten sind;
  3. Die Entwicklung von Respekt für die Eltern des Kindes, seine oder ihre eigene kulturelle Identität, Sprache und Werte, für die nationalen Werte des Landes, in dem das Kind lebt, das Land, aus dem er oder sie stammen mag und für Zivilisationen, die sich von seiner oder ihrer eigenen unterscheiden;
  4. Die Vorbereitung des Kindes auf ein verantwortliches Leben in einer freien Gesellschaft, im Geist der Verständigung, des Friedens, der Toleranz, der Gleichheit der Geschlechter und der Freundschaft aller Völker, ethnischen, nationalen und religiösen Gruppen und von Personen eingeborener Herkunft;
  5. Der Entwicklung von Respekt für die Umwelt.
    [...]

Artikel 31

  1. Die beteiligten Staaten erkennen das Recht des Kindes auf Ruhe und Freizeit an sowie darauf, sich seinem Alter entsprechend in Spielen und Aktivitäten, die der Erholung dienen, zu engagieren und frei am kulturellen Leben und an der Kunst teilzuhaben.

  2. Die beteiligten Staaten werden das Recht des Kindes, voll am kulturellen und künstlerischen Leben teilzuhaben, respektieren und fördern, und sie werden die Bereitstellung von angemessenen und gleichen Möglichkeiten der kulturellen, künstlerischen, Erholungs- und Freizeitaktivitäten ermutigen.

Artikel 42
Die beteiligten Staaten verpflichten sich, die Prinzipien und Bestimmungen der Konvention sowohl Erwachsenen als auch Kindern auf angemessene und aktive Weise allgemein bekanntzumachen.