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To Bangkok Conference programme

65th IFLA Council and General
Conference

Bangkok, Thailand,
August 20 - August 28, 1999


Code Number: 024-101-G
Division Number: I
Professional Group: Library and Research Services for Parliaments
Joint Meeting with: -
Meeting Number: 101
Simultaneous Interpretation:   No

Kann erhöhte Kommunikation innerhalb einer Bibliothek zu einem besseren Bibliotheksmanagement beitragen?

Marga Coing
Deutscher Bundestag, Bibliothek


Abstract

Ein offener Führungsstil, der die Ideen der Mitarbeiter unterstützt und voll zur Wirkung bringt, trägt zum besseren Funktionieren einer Bibliothek bei. Der Vortrag beschäftigt sich mit der Verbesserung der Arbeitseffektivität und der durch ein modernes Management gewonnenen Flexibilität in der Bundestags-bibliothek. Dieses wurde insbesondere bei der Einführung einer neuen Bibliothekssoftware unter Beweis gestellt.


Paper

1. Einleitung

Bei dem Entscheidungsprozeß in Parlamenten kommt der Parlamentsbibliothek als Informationsver-mittlungsstelle eine entscheidende Rolle zu. Insbesondere die Oppositionsparteien, benötigen eine unabhängige Informationsbasis, um ihre Kontrollfunktion gegenüber den Regierungsparteien ausüben zu können.

Meine These ist daher, je besser das Informationsmanagement in Bibliotheken funktioniert, um so moderner, aktueller und präziser funktionieren Bibliotheken auch nach außen hin. Noch besser funktionieren alle Informations-dienstleister, wenn auch ihre Umgebung ihre Aufgabe voll anerkennt und dafür die adäquaten Voraus-setzungen schafft.

2. Die Bibliothek in der Parlamentsorganisation

Die Bibliothek des Deutschen Bundestages umfaßt rund 100 Mitarbeiter; davon befinden sich 87,5 Mitarbeiter auf Planstellen. Dem Leiter der Bibliothek obliegt es, diesen Gesamtbereich abschließend zu verwalten. Er muß sich allerdings sowohl hinsichtlich des Personalhaushaltes als auch bei Einstellungen und allen Personalangelegenheiten mit dem Referatsleiter Haushalt und den zuständigen Referatsleitern für Personal verständigen. Die Bibliothek verfügt über keinen eigenen Bereich Datenver-arbeitung.

Die Bibliothek ist als Referat Bestandteil der Unterabteilung Wissenschaftliche Dokumentation. Sie ist dort ein Referat von fünf Referaten. Die vier übrigen Referate umfassen rund 65 Mitarbeiter, davon die Mehrzahl im mittleren und gehobenen Dienst. Die Bibliothek stellt dabei personalmäßig die weitaus größte Einheit dar.

Sie paßt kaum in eine Referatsstruktur hinein. Dies gilt sowohl für die Arbeitsweise, die auf einer strengen Hierarchie aufbaut, dies gilt aber auch für die Mitarbeiterstruktur und für die Führungstechniken. Es ist dabei insbesondere darauf zu achten, daß die Mitarbeiter der Bibliothek keine Verwaltungserfahrung haben und ein Team von Spe-zialisten darstellen. Man kann deshalb sagen, daß zwar in dieser Unterabteilung Wissenschaftliche Dokumentation viele Gemeinsamkeiten insofern vorhanden sind, als die meisten Referate, bis auf eines, sich mit der Informationsbeschaffung beschäftigen. Sie sind jedoch relativ klein und die Einführung neuer Techniken und das Abstimmen bestimmter Arbeitsprozesse kann wesentlich reibungs-loser erfolgen. Außerdem muß man auch in Betracht ziehen, daß die anderen Referate fast ausschließlich für die Verwaltung des Deutschen Bundestages arbeiten. Die Bibliothek des Deutschen Bundestages nimmt jedoch auch Informationsaufgaben für die Ministerien wahr. Dieses ergibt sich automatisch aus der Tat-sache, daß eine so große und wertvolle Sammlung ihre Bestände einem größeren Benutzerbereich zur Verfügung stellen sollte.

Aus dem oben Gesagten wird jedoch auch eine der Schwierigkeiten deutlich. Es ist für den Unterabteilungs-leiter Wissenschaftliche Dokumentation daher nicht ganz einfach, dem Leiter der Bibliothek einerseits genügend Freiheit für seine Arbeit zu geben und andererseits ihn ausreichend in die Gesamtüberlegungen der Parlamentsarbeit mit ein-zubeziehen. Dieses setzt an dieser besonderen Nahtstelle sehr viel Einfüh-lungsvermögen, Kommunikationsbereitschaft in äußerst ausgeprägter Form voraus und zwar von beiden Seiten.

Dieser Bereich Wissenschaftliche Dokumentation befindet sich in der Abteilung Wissenschaftliche Dienste. Man muß außerdem wissen, daß in der deutschen Parlamentsadministration die Wissenschaftlichen Dienste einer hohen Fluktuation insofern unterliegen, da dort junge wissenschaftliche Mitarbeiter zunächst ihren Dienst in der Parlamentsverwaltung beginnen, um dann später, entweder in den Ausschußbereich überzu-wechseln oder in ein allgemein administratives Referat. Ganz anders im Bereich der Wissenschaftlichen Dokumentation, in dem über Jahrzehnte hinweg bestimmte Mitarbeiter ihre Arbeit wahrnehmen. Ich betone dieses nur deshalb an dieser Stelle, weil es ein wenig die Blickweise auf die Bibliothek beleuchtet.

3. Einführung neuer Kommunikationsstrukturen in der Bibliothek des Deut-schen Bundestages

3.1 Die Bereichsleiter und die Leitung der Bibliothek

Eine erste Modernisierungsphase kann man für die Zeit von 1990 - 1995 ansetzen. Es begann damit, daß seit 1990 jede Woche die vier Bereichsleiter seitens der Leiterin der Bibliothek regelmäßig über alle Vor-gänge unterrichtet werden. Die dabei auftauchenden Probleme werden ausdiskutiert, um die verschiedenen Facetten der zur Klärung anstehenden Fragen deutlich zu beleuchten um anschließend das beste Hand-lungskonzept zur Umsetzung zu entwickeln. Dem Leiter der Bibliothek obliegt es dabei, den Bereichsleitern die Politik der Verwaltung des Deutschen Bundestages zu vermitteln und andererseits obliegt es den Bereichsleitern, dem Leiter die Einzelprobleme der einzelnen Bereiche, die bei der anstehenden Frage auftauchen könnten, nahezubringen. In 95 % der Fälle kommt es zu einem gemeinsamen tragfähigen Ergebnis, das dann dem gemeinsamen Handeln zugrundegelegt wird. Nach einiger Eingewöhnungszeit zeigte sich jedoch, daß diese sehr viel breitere Basis dazu führte, daß die Ergebnisse längerfristigen Überlegungen standhielten und vor allem zu einer größeren Gesamtakzeptanz in der Bibliothek führten.

3.2 Spezialkoordinatoren

Im weiteren Verlauf zeigte es sich sehr rasch, daß die gesamte Datenverarbeitung, auch wenn sie noch nicht in allen Bereichen Platz gegriffen hatte, nicht mehr nur nebenbei von der Leitung der Bibliothek mitver-waltet werden konnte, sondern einer eigenen Koordination bedurfte. Aus diesem Grunde wurde die Stelle des DV-Koordinators geschaffen, der direkt der Leitung unterstellt wurde. Diesem obliegt es, die gesamten DV-Strukturen sowohl gesprächsmäßig als auch technisch als auch vor allem verwaltungsmäßig zu begleiten und zu koordinieren.

Daneben wurde ferner im Leitungsbereich die Stelle einer Diplombibliothekarin des gehobenen Dienstes geschaffen, der einerseits die Einführung neuer Kollegen in die Datenverarbeitung oblag, die jedoch ande-rerseits auch auf der technischen Ebene des gehobenen und mittleren Dienstes von der Leitung ausgehende Veränderungen mit begleitete und vor allem das Gespräch mit den verschiedenen Ebenen des mittleren und gehobenen Dienstes pflegte. Dabei spielte eine besondere Rolle, daß diese Mitarbeiterin auf gleicher Ebene mit ihren Kolleginnen relativ offen sprechen konnte. Es stellte sich sehr rasch heraus, daß über diese Stelle zugleich auch diese Arbeitsebenen einen direkten Zugang zur Leitung hatten. Dies machte ein schnelles Eingreifen bei beginnenden Verhärtungen für die Leitung möglich. Oft konnte dieses auch durch diese Kraft des gehobenen Dienstes, die der Leitung direkt unterstellt war, nach Rücksprache mit der Leitung selber geschehen. Es kommt allerdings ganz wesentlich auf die Moderatorenfähigkeit dieser Persönlichkeit an.

3.3 Die Arbeitskreise - eine breitere Abfederung des vorhandenen Wissens und der zu bewältigenden Lernprozesse

Das Bedürfnis nach einer neuen Führungskultur entstand einerseits aus der Tatsache, daß eine jüngere Generation sich auf neue Art und Weise der Bewältigung der Bibliotheksaufgaben stellen wollte, anderer-seits war jedoch auch ein vollkommener Personalwechsel zu bewältigen. Innerhalb von drei Jahren verlor die Bibliothek fast ihre gesamte Führungsebene im höheren, im gehobenen und mittleren Dienst. Es galt demnach einerseits möglichst viele bewährte Traditionen in die veränderte Umgebung zu retten, vor allem Erfahrungen im Umgang mit den Parlamentsbedürfnissen, andererseits mußte der Tatsache Rechnung getragen werden, daß 80 % der Mitarbeiter weit unter 40 Jahren, wenn nicht unter 30 Jahren waren und man deshalb durch Zeiten der Mutterschaft und durch Erziehungszeiten mit hoher Fluktuation rechnen mußte. Dies bedeutete für die Leitung, daß die operative Basis möglichst breit gestaltet werden mußte, um die ständigen Ausfälle von Mitarbeitern einigermaßen zu bewältigen. Das Wissen konnte demnach nicht mehr wie früher vor allem bei wenigen Leitungsgestalten der entsprechenden jeweiligen Dienste liegen, sondern mußte auf möglichst viele Schultern verteilt werden, um überhaupt Modernisierungs-entwick-lungen weitergestalten zu können.

Aus dieser Situation heraus wurden mehrere Arbeitskreise auf allen Ebenen gebildet:Ein Arbeitskreis für Titelaufnahme, einer für AV-Medien, die Konversion des Alten Zettelkataloges oder für die Erarbeitung eines OPACs, etc..Außerdem existiert ein Arbeitskreis Datenverarbeitung sowie verschiedene Arbeitskreise des höheren Dienstes der Bibliothek.

Diese sehr starke Auflockerung führte im Laufe der Zeit dazu, daß in allen Bereichen der Bibliothek eine stärkere Eigenverantwortlichkeit und Identifikation mit der übernommenen Aufgabe eintrat. Man wußte, für welches Ziel man arbeitet und wurde in die Zielerreichung voll mit einbezogen.

4. Die äußeren Kommunikationsstrukturen

Die Bibliothek und das heterogene Feld von anderen Informationseinheiten in derParlamentsadministration

Neben diesem inneren Prozeß der Kommunikation fand zugleich auch ein Betrachten des äußeren Umfeldes der Bibliothek statt. Man befaßte sich, mit Fragen nicht nur der Akzeptanz der Bibliothek und ihrer Produkte, man befaßte sich auch damit, wie das Zusammenwirken zwischen Datenbankabfragestellen einerseits, Pressedokumentation andererseits, Sach- und Sprechregister und Archiv sich im Zusammen-wirken mit der Arbeit der Bibliothek gegenüber dem Abgeordneten darstellt. Auch wurde die Organisation der Datenverarbeitung in allen Facetten betrachtet, die in einer Zentralabteilung für die gesamte Verwal-tung zusammengefaßt war. Dies macht sich für die Bibliothek nicht zuletzt deshalb sehr unangenehm bemerkbar, weil diese dort benutzte Software sich ganz wesentlich von der allgemeinen Bürokommunika-tionssoftware unterscheidet. Die Mitarbeiter der Unterabteilung Zentrale Informationstechnik entbehren jedoch oft der Erfahrung in diesen speziellen Bereichen der Informationsaufbereitung. Es könnte daher sehr sinnvoll sein, diese Informationsbereiche mit eigenen DV-Spezialisten auszustatten und von der Unterab-teilung Zentrale Informationstechnik abzukoppeln oder entsprechende Spezialisten dieser Bereiche in der Unterabteilung Zentrale Informationstechnik als quasi kommunizierende Röhren zu integrieren.

4.1 Die Bruchstellen der äußeren Kommunikation

Es ist immer wieder erstaunlich und beachtenswert für den Leiter der Bibliothek, auf diese, durch die anders geartete Arbeit anderen Denkstrukturen der Kollegen in der Verwaltung zu stoßen. Diese Denk-strukturen werden in hohem Maße durch das Erarbeiten von Vorlagen geprägt. In einer Parlamentsver-waltung muß außerdem in den meisten Fällen ad hoc auf bestimmte Situationen reagiert werden, um diese rechtzeitig steuern zu können. Die Parlamentsverwaltung reagiert daher meist mit kurzfristig tra-genden Überlegungen, die das Problem heute regeln, da morgen sich schon wieder ganz andere Probleme stellen können und bewältigt werden müssen.

In einer Bibliothek dieser Größenordnung müssen neben den kurzfristigen Reaktionen auch längerfristige Projekte durchgeführt werden. Neben das schnelle Reagieren müssen langzeitige Strategien treten, Visionen den Mitarbeitern nahegebracht werden, Arbeitsprozesse langfristig gesteuert werden und zukünftig sich am Horizont abzeich-nende neue Techniken vorbereitet und eingeführt werden. Diese zu steuernden Pro-blem-felder bedürfen einer lang vorausschauenden Strategie und können nicht nur mit ad hoc Entscheidungen gesteuert werden. Hier unterscheiden sich die anzuwendenden Arbeitstechniken zwischen Bibliothek einer-seits und Parlamentsverwaltung andererseits erheblich. Dieses führt auch stets zu Konfliktfeldern, ins-besondere bei zu entwickelnden Langzeitstrategien, da diese oft über eine Legislaturperiode hinauszielen müssen und ein solches Denken nicht gerade durch die Parlamentsarbeit gefördert wird. Eine Bibliothek arbeitet jedoch umso besser, je achtsamer auch die längerfristigen Perspektiven seitens der Leitung rechtzeitig mitbedacht und vorbereitet werden.

Hier stoßen sich die verschiedenen Arbeitstechniken erheblich im Raume und verursa-chen Reibungsver-luste. Es muß seitens des Leiters der Bibliothek ständig daran gearbeitet werden, für diese unterschiedliche Betrachtung Verständnis zu wecken, damit er seiner Aufgabe auch in dem angemessenen Umfang nachgehen kann.

4.2 Bruchstelle Führungsstile und Überlagerungen durch politische Gegebenheiten

Die Grenzen eines solchen offenen, kommunikativen Führungsstiles werden auch dann sehr schnell sichtbar in dem Kommunikationsprozeß mit den über der Bibliothek stehenden Hierarchien, wenn diese z. B. aus Altersgründen keine Veränderungen wün-schen, oder wegen der sehr starken Beanspruchung seitens der politischen Seite jegli-chen Veränderungen abhold sind, da diese mit Unruhe in den betreffenden Einheiten zwangsläufig einhergehen.

Ein weiterer Faktor, der zunehmend zu Schwierigkeiten Anlaß gibt ist die Tatsache, daß die Bibliothek in hohem Umfang heute nur mit Hilfe modernster Technik ihre In-formationsaufgabe durchführen kann. Dies bedeutet, daß der Abteilungsleiter und der Unterabteilungsleiter, denen die Bibliothek u. a. zugeordnet ist, sich mit diesen Tech-niken auseinandersetzen sollten oder müßten, dieses jedoch ablehnen, da sie als Juri-sten nur einen sehr begrenzten Zugang zu solchen Techniken besitzen. Das Vertreten der Weiterent-wicklung dieser modernsten Technik vor den entsprechenden politischen Gremien setzt wiederum seitens dieser Hierarchiestufen detailliertere Kenntnis in der Anwendung dieser Technik voraus, was ebenfalls das sich Einsetzen für die Modernisierung und für die Belange der Bibliothek äußerst schwierig gestaltet. Alle diese diversen Verdrängungsmechanismen und Ängste und das mangelnde Sicheinfühlen in die Besonder-heiten dieses in sich geschlossenen Apparates Bibliothek erschweren die Aufgabe für den Leiter der Biblio-thek viel mehr als früher, da die Bereitschaft, sich für diese sehr fremde Materie einzusetzen auf Seiten des Verwaltungsjuristen, nicht ge-rade sehr entwickelt zu sein scheint. Es müssen daher ganz besondere Voraussetzun-gen in allen Hierarchieebenen eintreten, um die Sache der Bibliothek zu befördern, z. B. müssen die betreffenden Leiter aus eigener Erfahrung die Arbeit und die Vorteile der Bibliothek kennen oder die Abgeordneten in den entsprechenden Kommissionen des Ältestenrates selber die Bibliothek frequentieren, um den Anliegen des Bibliotheksleiters wesentlich aufgeschlossener gegenüberzustehen. Die Mitglieder des Haushaltsausschusses sind jedoch oft nicht auf die Informationen aus der Bibliothek angewiesen und bringen daher dieser, doch oft auch sehr kostenaufwendigen Institu-tion, nicht allzuviel Verständnis entgegen.

4.3 Bruchstelle durch Wahlen und ihre parlamentsinternen Auswirkungen

Eine solche Einheitlichkeit ist jedoch um so schwerer herzustellen, wenn politische Wechsel auch häufige Wechsel an der Spitze in den verschiedenen Hierarchiestufen mit sich bringen. Der Leiter der Bibliothek fängt dann stets von vorne mit seiner In-formationsaufgabe auf diesen verschiedenen Hierarchiestufen an, ohne daß er von vornherein sicher sein kann, ein adäquates Ergebnis zu erzielen.

Dasselbe gilt für die Zusammenarbeit mit den politischen Gremien in den Kommissio-nen des Ältestenrates, die die Angelegenheit der Bibliothek betreffen. Hier kann ent-weder die Kommission des Ältestenrates für Innere Angelegenheiten betroffen sein, z. B. in Fragen der Öffnungszeiten der Bibliothek oder in Fragen der personellen Ausstattung, aber auch in Fragen der Softwareausstattung. Andererseits muß die Bi-bliothek an die Kommission des Ältestenrates für IuK-Fragen herantreten, wenn es um ihre Datenverarbeitung geht. Handelt es sich hingegen um Fragen eines Neubaus, wie er z. Z. in Berlin erstellt wird, so sind diese Fragen Gegenstand der Diskussion in der Bau-Kommission des Ältestenrates des Deutschen Bundestages. Auch diese Zer-splitterung und die Zusammenarbeit je nach Themenkomplex mit sehr unterschiedli-chen Kommissionen erschwert die Durchsetzung bestimmter Bibliotheksziele. Dar-über hinaus fördert es nicht gerade die Bereitschaft der Vorgesetzten, mit so vielen unterschiedlichen Gremien umzugehen. Normaler-weise ist es eine Kommission, mit der ein Vorgesetzter zu tun hat. Die Vielfalt der Aktionsfelder einer Bibliothek ver-dammt den Leiter der Bibliothek dazu, mit drei Kommissionen zu tun zu haben, nachdem die Kommission des Ältestenrates für Angelegenheiten der Bibliothek, des Archivs und der Dokumentation nach der 12. Wahlperiode der Straffung des Parla-ments zum Opfer gefallen ist.

5. Erhöhte Kommunikation als Voraussetzung für das konstante Miteinander und Voneinander Lernen

5.1 Die Einführung neuer Bibliothekssoftware als Beispiel für eine "lernende Organisation"

1987 führte die Bundestagsbibliothek zum erstem Mal Datenverarbeitung ein. 1998 wurde eine neue Bibliothekssoftware zusammen mit einem benutzerfreunlichen OPAC für alle Bibliotheksabläufe eingeführt. Dieses System nennt sich aDIS/BMS und stammt von der Firma Astec, Berlin. Auch hier haben sich die neuen Formen des Miteinanders im Erarbeiten der notwendigen bibliothekarischen Voraus-setzungen auf das Beste bewährt. Die neuen Bibliothekssysteme machen es erforderlich, daß während der Einführung eines solchen neuen Bibliothekssystems stets in enger Kooperation mit dem Softwarehaus die detaillierten Voraussetzungen präzisiert und angepaßt werden müssen. Man kauft zwar ein fertiggestelltes System ein, andererseits ermöglicht die außerordentlich große Flexibilität neuer Bibliothekssysteme es, daß fast jeder besondere Aspekt einer Biblio-thek bei der Implementierung eines solchen Systems Berücksich-tigung finden kann. Es kommt daher erheblich auf die Zusammenarbeit zwischen Bibliothekaren einerseits und dem Softwarehaus andererseits an. Dabei spielen die Verständigungsmöglichkei-ten zwischen den beteiligten Personen eine außerordentlich große Rolle.

5.2 Kommunikation schafft Flexibilität

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist jedoch neben der sehr präzisen Vorarbeit auch das Moment der Beweglich-keit gewesen. Ebenso kommt es bei der Einführung solcher Systeme auf die Arbeitstechnik und die Kommunikation an. Dabei kam zustatten, daß die Anforderungen für das neue Softwareprodukt aus der Mitte der Bibliothek heraus in vielen kleinen Arbeitsgruppen erarbeitet wurden. Damit waren so viele Mit-arbeiter in den Prozeß eingebunden, daß jederzeit ein Fachmann für auftauchende Probleme zur Verfügung stand und beratend einspringen konnte. Das Projekt ruhte auf sehr vielen Schultern. Nichtsdestotrotz oblag die Führung wenigen Mitarbeitern. Wichtig ist auch das Faktum, daß nicht nur der höhere Dienst an diesem Projekt beteiligt war, sondern ganz im Gegenteil Wert darauf gelegt wurde, daß vor allem aus dem gehobenen und mittleren Dienst die Pragmatiker ihre Alltagserfahrungen bei der Implementierung einbringen konnten.

5.3 Kommunikation führt zu Qualitätsmanagement

Eine Mischung von Gesamtvorgaben seitens der Leitung der Bibliothek und Einzelvorgaben bestimmten das Verfahren. Auf der Ebene des DV-Koordinators und seiner engsten Mitarbeiterin aus dem gehobenen Dienst wurden diese Leitgedanken in ver-schiedenen Arbeitskreisen, die man auch getrost als Qualitäts-zirkel bezeichnen könnte, weiter entwickelt bis in ein Stadium der Umsetzbarkeit. Bei der Entscheidung, welches Produkt bzw. welche Software in der Bibliothek eingeführt werden sollte, wur-den ebenfalls diese Arbeitskreise beteiligt. Mit diesem sehr fundierten Wissen über das Produkt, das man an dem jeweiligen Arbeitsplatz als Endergebnis haben wollte, ging man in die Betrachtung der verschiedenen Systeme hinein. Man konnte daher bei der Vorstellung der Softwareprodukte durch die Firmen sehr genaue Nachfragen stellen, so daß die einzelnen Softwareprodukte einer genauen Kontrolle unterzogen werden konnten, die in einem anschließenden Testverfahren über mehrere Wochen darüber hinaus geprüft wurden. Diese überaus arbeitsaufwendige Technik hat sich jedoch im Endergebnis sehr bewährt. Die Bibliothek hat so genau das Produkt eingekauft, daß ihren Anforderungen am nächsten kam. Ganz abgesehen davon war selbst in Momen-ten der größten Verzweiflung die Motivation stets sehr hoch und die persönliche Einsatzbereit-schaft immer vorhanden. Man kann sogar soweit gehen, daß sicherlich viele die reibungslose Einführung der neuen Software zu ihrer ureigensten Aufgabe erklärt hatten. Dieses sind sicherlich sehr gute Vorausset-zungen für das Gelingen eines solchen Projektes.

5.4 Kommunikation und Outsourcen

Da die Bibliothek des Deutschen Bundestages über keinerlei eigene DV-Ressourcen verfügt, stand von vornherein fest, daß die Voraussetzungen für die Einführung eines neuen Bibliothekssystems und die damit einhergehenden DV-Ressourcen von außen eingekauft werden mußten. Neben die Auswahl einer Bibliothekssoftware trat daher auch die Entscheidung darüber, welcher Generalunternehmer die DV-mäßigen Voraussetzungen für diesen Modernisierungsprozeß zu betreuen haben würde.

Nach Abschluß des Verfahrens gehe ich sogar soweit, zu sagen, daß die Firmen auch danach ausgewählt werden müssen, ob sie über Personal verfügen, das in etwa die gleiche Sprache spricht wie die Mitarbeiter der Bibliothek, um eine reibungslose Zusammenarbeit zu ermöglichen. Dieses war der Grund, weshalb die Bibliothek zum Ausdruck brachte, daß auch der auszusuchende Generalunternehmen in der Lage sein sollte, fachgerecht mit den bibliothekarischen Anforderungen umgehen zu können. Außerdem sollte darauf geachtet werden, daß die an dem Projekt beteiligten Perso-nen miteinander harmonieren, so daß auch hier ein optimaler Grad an Zusammenarbeit erzielt werden kann. Dieses gilt um-so mehr, wenn man, wie im vorliegenden Fall, ein so ehrgeiziges Projekt vor sich hat. Die Bibliothek hat innerhalb nur eines Jahres in allen Bereichen eine totale Reform durchlaufen. Bedenkt man außerdem, daß im Laufe der Einführung fast alle Arbeitsabläufe überprüft wurden und den neuen Arbeitsgegebenheiten angepaßt werden mußten, so kann man sich vorstellen, welche außerordentliche Herausforderung durch die hohe Motivation der Mitar-beiter bewältigt wurde. Ohne die vorherige Einführung neuer Arbeitstechniken und ohne diese sehr heterogenen Kommunikationsstrukturen innerhalb der Bibliothek und ohne einen gewaltigen Prozeß an Fortbildungen wäre dieser gesamte Prozeß einer kompletten Modernisierung aller Verfahrensabläufe nicht zu bewältigen gewesen.

In Zeiten ständiger technischer Herausforderung und neuer Informationstechniken muß die Biblio-thek sich einem ständigen Wandel mit Hilfe vieler kleiner Schritte unterwerfen. Sie ist sozusagen eine konstant lernende Einheit, die sich fortlaufend weiterentwickelt und damit in die Lage versetzt, diese neuen Herausforderungen zu bestehen. Dieser Lernprozeß muß ständig gesteuert werden, er muß jedoch auch durch Gesamtstrategien überlagert werden. Diese Gesamtstrategien müssen möglichst reibungslos mit den Parlamentsstrukturen zusammen verwoben werden. Nur so können die Potentiale einer Bibliothek voll freigesetzt werden und Früchte tragen.

6. Zusammenfassung

Abschließend darf ich meine Thesen dahingehend zusammenfassen:

  • Interne Kommunikation zwischen allen Ebenen ist eine Grundvoraussetzung für Bibliotheken, um den technischen, sich ständig wandelnden Herausforderungen gewachsen zu sein. Dies kann sie am besten durch das Bilden von Qualitätszirkeln und dadurch, daß sie quasi insgesamt durch ihr Miteinander und Voneinander Lernen eine konstant lernende Einheit wird.
  • Die durch interne Kommunikation erzielte Beweglichkeit kann nicht an den Gren-zen der Bibliothek Halt machen, sie muß auch in den die Bibliothek überlagernden Hierarchien ein, die Modernisierung vorantreibender, Faktor sein.
  • Der Kommunikationsprozeß muß an den Bruchstellen besonders intensiv sein.
  • Neben den inneren Erneuerungsprozeß einer Bibliothek muß auch das äußere Gesamtumfeld, auf das die Endprodukte der Bibliothek ausgerichtet sind, ebenfalls einer erneuerten Struktur unterworfen werden. Stößt dieser Erneuerungsprozeß einer Bibliothek auf veraltete Strukturen, so wird der Modernisierung der Bibliothek ein Teil an Wirkung genommen.
  • Die Bereitschaft zu ausreichender Kommunikation setzt eine gemeinsame Sprache, ein gemeinsames Verständnis der zu bewältigenden Aufgaben voraus.

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Latest Revision: June 2, 1999 Copyright © 1995-2000
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