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Die wirtschaftliche Integration durch die regionalen Verträge NAFTA, Mercusor und Apec, welche die USA, den südlichen Kegel Lateinamerikas und die pazifischen Anrainerstaaten umfassen, definieren die Verhältnisse innerhalb der Regionen neu. Der Bereich Bibliothek und Information sieht sich vor neue Herausforderungen und neue Bedürfnisse und dem Auftreten neuer Wettbewerber gestellt; die Länder bemühen sich durch Umverteilung und Umstellung um die Modernisierung des Staatsapparates, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.
Parlamente, politische Aktivitäten und Vertretungen befinden sich in einer kritischen Situation. Die Parlamente werden als teuer und unfähig, Probleme mit Hilfe der Gesetzgebung zu lösen, betrachtet. Im besten Falle sieht man sie als zu langsam an, um zu reagieren und weder in der Lage, den Wandel der Zeiten und das gegenwärtige Tempo wichtiger konkurrierender Aktivitäten zu reflektieren, noch, in so vordringlichen Bereichen wie Umweltfragen zu handeln. Dennoch werden die Parlamente in den jungen Demokratien als notwendiges Übel betrachtet, die für die demokratischen Prozesse zwar notwendig und besser als Diktatur, aber nicht von vorne herein gut sind. Die Regierungen reagieren auf diese Einschätzung. Es gibt eine starke Tendenz in Richtung auf eine Modernisierung der Parlamente und ihrer Informationseinrichtungen, um unter Gebrauch technologischer Hilfsmittel die Belange ihrer Wählerschaft zu untersuchen, mehr Transparenz in politischen Aktionen zu erlangen und ein besseres Verständnis politischer Fragen zu fördern.
Die chilenische Kongreßbibliothek hat soeben ein von der Weltbank finanziertes Modernisierungsprojekt mit dem Ziel eines tiefgreifenden kulturellen Wandels im Umgang mit Information und Wissen im Bereich Recht und Gesetzgebung beendet. Das Projekt war mehrschichtig und bezog Personal, Organisationsstruktur, Datenbanken, Produkte und Dienste ein. Die Bibliothek bietet nunmehr ein breitgefächertes Angebot von Produkten und Diensten an, und das nicht nur innerhalb des Kongreßgebäudes, sondern auch im Internet mit einem indexierten Zugang zur angebotenen Information. Sie hat die Möglichkeiten genutzt, die von einem ausgedehnten Technologieeinsatz, der über eine allmähliche Automatisierung traditioneller Bibliotheksabläufe hinausgeht, geboten wird.
Die Parlamentsbibliotheken Boliviens, Perus und Argentiniens rufen ihre eigenen Modernisierungsprojekte ins Leben, die von traditioneller Automatisierung der Bibliothekssammlungen bis zu neuesten Technologien reichen. Diese Projekte wurden von den Parlamentsbibliotheken ins Leben gerufen, weil sie als hauptsächliche Informations- und Wissensanbieter für den Kongreß gesehen werden, die auch die notwendige Sachkenntnis besitzen und unpolitisch sind. Die Demokratie ist in dieser Region noch ein zartes Pflänzchen; eine Möglichkeit, demokratische Anstrengungen zu stärken liegt in der Förderung der Befähigung zur Entscheidungsfindung nationaler oder regionaler Parlamente. Dies wurde weithin erkannt, und internationale Geldmittel wurden für mehrere Modernisierungsprojekte bereitgestellt. Allerdings haben manche Länder wie Paraguay keine einsatzfähige Parlamentsbibliothek, um die parlamentarische Beschlußfassung zu unterstützen.
Nationale und Parlamentsbibliotheken in Lateinamerika haben sich eine Nische innerhalb ihrer Kulturlandschaft geschaffen. In manchen Fällen waren sie sogar ein Hebel für Veränderung und Wachstum in ihren Ländern; in anderen Fällen erhielten sie Dienstleistungen und begrenztes Wachstum in schwierigen Zeiten aufrecht; in wieder anderen Fällen geben sich Bibliotheken große Mühe, ein Mindestmaß an Qualität der Leistungen und Aktivitäten zu erreichen. Einige Länder sind in großer Gefahr, ihr eigenes künstlerisches und intellektuelles Schaffen zu verlieren, während sich andere an ihre Errungenschaften klammern müssen. Vor sechs Jahren stellten wir auf der IFLA-Konferenz in Kuba ein Papier vor, in dem unser Modernisierungsprojekt in seinen Hauptbestandteilen mit Stärken, Schwächen und erwarteten Ergebnissen beschrieben wurde. Nach dieser Zeit können wir nun unsere Erfahrungen, die Ziele, die wir erreicht haben, die Ziele, die sich während der Durchführungszeit des Projektes geändert haben und die Punkte, die wir nicht so schnell wie vorgesehen abändern konnten, vorstellen.
Die Weltbank als Hauptgeldgeber war an der Beteiligung am Projekt interessiert, insbesondere an der Verbesserung der Befähigung zur Beschlußfassung eines neu belebten Kongresses nach 17 Jahren Pinochet-Regime. Der Ausgangspunkt war es, Technologien und Informationsquellen auszuweiten und eine wissensbasierte, auf vielen Quellen beruhende, strukturierte und unstrukturierte, fest und lose vernetzte Informationsumgebung zu schaffen. Es war vorgesehen, Informationstechniken für Information und Wissen, analytische und Managementfähigkeiten zu intergrieren.
Einige der wichtigsten Ziele des Projekts waren:
Die wichtigste Veränderung war die Revolution im Bereich der bereitgestellten Dienste. Während wir früher in erster Linie eine herkömmliche Bibliothek waren, die darauf wartete, daß der Benutzer selbst eine Nachfrage nach Diensten und Produkten erzeugt, bieten wir nun proaktiv unsere Dienste den Parlamentariern und Benutzern allgemein über das kongreßeigene Intranet und im Internet an. Die chilenische Kongreßbibliothek könnte als Verschmelzung mehrerer Bibliotheken, die von einer einzigen Sendung und gemeinsamen Zielen zusammengehalten wird, beschrieben werden.
Eine Bibliothek ist die traditionelle, ausgepolsterte, auf Buch und Papier basierende Bibliothek, mit klassischen Diensten wie Auskunft, Ausleihe, Bibliographien, Suchaufträgen und anderen Diensten, die in einer elektronischen, vernetzten Umgebung bereitgestellt werden. So kaufen wir Bücher, katalogisieren sie (MARC, AACR2) mit strenger Ansetzungskontrolle, und stellen Zugang und Ausleihdienste zur Verfügung. Das System umfaßt Bestandsaufbau (Erwerbung) und mannigfaltige Transaktionen wie Ausleihe, Berichte und Statistiken. Ein Teil des Modernisierungsprojektes erkennt also die Bedeutung einer herkömmlichen Bibliothek an und wollte mehr und Besseres von demselben bereitstellen.
Eine andere, darübergelagerte Bibliothek ist die elektronische, in der wir elektronischen Zugang zu Sammlungen und umfassenden Volltextdatenbanken (unsere eigene und externe), CD-ROMs und zum Internet vorhalten und so sehr umfangreiche Informationsquellen bereitstellen. Aus unserer Sicht dient die elektronische Bibliothek ihren Benutzern, dem Land, der Region und sogar der Welt, da sie sich mit Hilfe von elektronischen Medien wie dem WWW nach außen öffnet und einen Fernzugriff auf unsere eigenen oder externe Datenbanken gewährt. Der Hauptunterschied liegt in der Einstellung, die unser ganzes Angebot durchzieht. Man ist nicht länger lokal, oder passiv, sondern proaktiv, mit einem ausladenden Konzept; auf den Benutzer hin und nicht von ihm weg, mit schnellen Wendemöglichkeiten.
Die dritte Bibliothek ist die virtuelle, in der wir uns darum bemühen, den körperlichen Zugang zu unserem Gebäude zu bereichern und in manchen Fällen zu ersetzen, indem wir höherwertige Dienstleistungen und Produkte über das Intranet bereitstellen. Diese dritte Bibliothek stellt eine große Neuerung für den Benutzer dar; sie gestaltet und liefert hochspezialisierte Dienste und hochwertige Produkte, die speziell auf den Gesetzgebungsprozeß ausgerichtet sind. Die virtuelle Bibliothek wird langsam aufgebaut und zielt darauf ab, mehr und direktere Informationen und Erkenntnisse zu liefern, weniger referentielle Information; die traditionelle Bibliothek teilweise zu ersetzen und gleichzeitig darauf aufzubauen. Die Bibliothek der Zukunft ist eine Einstellung, ein Konzept, das auf der Fähigkeit beruht, für alle Möglichkeiten offen zu sein und sich in ein weiter ausgreifendes Unternehmen zu wandeln.
Die Bibliothek bietet drei Ebenen von Informationsdiensten und -Produkten:
Die wichtigsten Dienste und Produkte, die wir in einer elektronischen und virtuellen Umgebung anbieten, sind:
Alle diese in der Bibliothek und von ihr erzeugten Datenbanken werden täglich auf den neuesten Stand gebracht. Sie benötigen teure intellektuelle und multidisziplinäre Arbeit aus Bereichen wie unserer Parliamentary Research Group. Wir bemühen uns auch um eine zukünftige Integration von Suchanfragen, damit jede Datenbank das gleiche kontrollierte Vokabular in den entsprechenden bibliographischen Bereichen für ein effizientes Informationsretrieval benützt.
Die Kongreßbibliothek bietet auch Dienste wie Presseausschnitte (ein fortlaufendes, manuelles Archiv seit 1948), Recherche und Auskunft auf Anfrage durch ein multidisziplinäres Team; Veröffentlichungen und anderes. Zum Beispiel erhält jeder Abgeordnete jeden Monat ein Dossier mit seinen eigenen Ausschnitten, Aktivitäten und Pressekommentaren.
Eines der schwierigsten Unternehmen in diesen Jahren war es, bei den Abgeordneten die Kenntnisnahme von und die Nachfrage nach den ausgefeilten Diensten und Produkten der Bibliothek, die ein Aktivposten für sie in ihrer Rolle als Volksvertreter und Gesetzgeber und in ihren fiskalischen Pflichten sind, zu fördern. Dieser Prozeß war langsam und benötigte Jahre der Öffentlichkeitsarbeit, Werbung für die Bibliothek und Bemühung um die Verbesserung der Kommunikation zwischen Abgeordneten, ihren Mitarbeitern und der Bibliothek.
Die Technologie war dabei hilfreich; wir boten ungewöhnliche Dienste über eine herkömmliche Benutzerschulung hinaus an, was die Bedeutung der Bibliothek erhöhte. Wir schulen die Benutzer persönlich, wie sie von ihren Arbeitszimmern aus unsere Datenbanken abfragen können, stellen Handbücher bereit, schulen Sekretärinnen und beheben Netzwerk- und Computerstörungen über unseren Aufgabenbereich hinaus. Wir bieten auch Gruppenunterricht für Abgeordnete, Mitarbeiter, die politischen Komitees und gesetzgebenden Kommissionen.
Erstmals im März 1998 führten wir eine geplante Werbekampagne für neugewählte Volksvertreter und Senatoren durch. Diese Kampagne umfaßte Handzettel, ein Bibliotheksvideo, Benutzerhandbücher, Schulungsangebote und persönlichen Kontakt mit jedem individuellen Büro. Da die Parlamentsmitgliedern mit unseren Diensten bekanntgemacht worden waren und jüngere Leute in den Kongreß gewählten wurden, hat sich die Nachfrage nach Diensten, Produkten und Intranetsuchen exponentiell gesteigert, und man beginnt mit einer vollen Ausnutzung des Potentials der Bibliothek.
Als Teil des Modernisierungsprojektes haben wir den Einflußbereich und die allgemeine Anerkennung der Rolle der Bibliothek innerhalb des Gesetzgebungsprozesses erfolgreich ausgeweitet. Wir erzielten eine beträchtliche Wirkung mit erweiterten Diensten, Produktnachfragen, Anfragen und Teilnahme an Orientierungsworkshops für neue Parlamentarier und ihre Mitarbeiter.
Die Projekte wurden öffentlich ausgeschrieben für Systeme einschließlich Mitarbeitertraining innerhalb des wissenschaftlichen Umfeldes; es wurde nach schlüsselfertigen Lösungen und Outsourcing gesucht, um so die Einwirkung auf den Arbeitsetat zu vermeiden und die Zahl des Bibliothekspersonals gering zu halten.
Während der Einführung des Proginalprojektes bewirkten die ausgedehnte Bereitstellung des Internets und die beginnende Alternative der Intranetkonnektierung und des Intranetzugangs eine enorme Umwälzung. So befanden wir uns in einem sehr instabilen technischen Umfeld, das neue und noch ungefestigte Möglichkeiten und ein neues Verhältnis zu den Abgeordneten auf der Basis von Technologien und Projektveränderungen, die sich über die Grenzen der Bibliothek hinausbewegten, bot. Die Bibliothek ergriff die Möglichkeiten des Internet und Intranet zur Ausweitung der Informationsressourcen, um ein Teil der Informationswelt auf diesem neuen Marktplatz zu werden. Was die kommunale Arbeit betrifft, so werden im Verlauf des Jahres 1998 als Ergebnis größerer Bildungsmodernisierungsprojekte alle Schulen mit einer technischen Plattform ausgerüstet werden, mit denen sie ins Internet kommen, und sie werden in einem offenen und vernetzten Umfeld arbeiten, mit Zugriff auf die Produkte der Kongreßbibliothek, die speziell für die Welt außerhalb des Kongresses entworfen wurden.
Während manche Mitarbeiter Probleme mit der Modernisierung und den neuen Techniken hatten, entwickelten sich andere zu wahren Meistern des Wandels. Manche Mitarbeiter lehnten verständlicherweise das Bibliothekshauptquartier in Valparaiso ab; andere ergriffen gerne die Möglichkeit zur Ortsveränderung. Die neue funktionale und organisatorische Struktur verursachte einige Unsicherheiten mit einer gewissen Scheu, zentralisierte Verarbeitung und dezentralisierte Dienste zu akzeptieren. Aber als Gegengewicht zu diesen Enttäuschungen wußten die Benutzer sehr schnell die Vorteile dieser Veränderungen zu schätzen, da sie ihre Anforderungen aus einer Hand in der Bibliothek erfüllt bekommen.
Technische Störungen waren ebenfalls ein größeres Problem - kein einziges der neuen Systeme ist völlig konsolidiert und zuverlässig. Wir haben mit großen internationalen und renommierten Anbietern von Hardware, Kommunikation, Netzwerken und Software gearbeitet und haben das zwiespältige Gefühl, daß technischer Wandel und Wettbewerb sich so auswirken, daß Systeme auf den Markt gebracht werden, wenn sie sich noch in den Kinderschuhen befinden und nicht vollständig ausgetestet sind. Wenn das Herzstück unserer Arbeit und Dienste von der Technik ebenso abhängt wie dies bei Banken und Finanzgeschäften der Fall ist, sollte die Technik störungsfrei arbeiten, aber wir haben nicht die Mittel, um in unserem eigenen Haus Entwicklungen oder Tests durchzuführen, wie dies in der Finanzwelt geschieht. Diese Instabilität kann bibliotheksweit beobachtet werden, und diese Ansicht wird von den meisten Kollegen geteilt, auch wenn sie nicht oft oder laut ausgesprochen wird. Die Verwaltung der Systeme und des Netzes wurde zu einer komplexen Aufgabe mit zu vielen Elementen im Spiel, woraus sich steigende Wartungskosten über frühere Pläne und Schätzungen hinaus entwickelten.
Managementfragen waren ebenfalls ein Potential für Ärger, da Quellen, Personal und mehrere Niederlassungen die Bibliothek zu einer aus Sicht des Managements zunehmend komplexen Institution machten. Das Großteil des mittleren Managements der Bibliothek war trotz teuren und ganzheitlichen Trainings nicht proaktiv, effektiv und effizient genug, um diese langwierigen Modernisierungsbemühungen zu tragen. Es gibt eine Dualität zwischen den Veränderungen aus der Modernisierung und der Furcht davor, und es kann extrem schwierig werden, vorgefaßte Meinungen zu ändern.
Die Bibliothek überdenkt ständig die nächsten Schritte, die unternommen werden müssen, beobachtet neue Technologien, hört auf die Wünsche der Benutzer, und beobachtet, welchen Weg unsere Konkurrenten gehen. Einige der scharf umrissenen Projekte, die wir beginnen, sind:
Aber am wichtigsten ist die Einstellung, die den Wandel aufgreift und technologische Möglichkeiten, die sich bieten, ausnützt. Andere Herausforderungen beinhalten mehr Arbeit mit den Kongreßmitarbeitern, um die Ausnutzung der Bibliotheksdienste einzuschätzen und gezieltere Produkte für besondere Bedürfnisse. Wir gaben die Initialzündung, um die Bibliothek ins 21. Jahrhundert zu katapultieren, während wir gleichzeitig die Verbindung zu Alexandria und Babylon halten, die immer relevant waren und es auch bleiben werden. Der Wandel in der Bibliothek war immer kumulativ und ergänzte frühere Formate, Dienste und Traditionen. Die Bibliothek von Alexandria besaß eine Liste der Materialien in jedem Aufbewahrungsraum und bemühte sich, alles Wissen der Welt in ihren Mauern zu halten; Otlet und LaFontaine integrierten die Liste und betrachteten dies als großen universalen Maßstab zur Organisierung des Wissens, wobei Kontrolle und Zugang zentralisiert wurden. Wir können jetzt eine Universalbibliothek mit Zugang und Verfügbarkeit haben, die das Wissen der Welt stapelt und die Rolle des Informationsvermittlers und -organisierers in einer expandierenden Welt verstärkt.
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